Der perfekte Mord
Im Rahmen unserer Diskussion zum Thema „Ist Mord Kunst?“ sind wir auf das Thema „Der perfekte Mord“ gestossen, die wohl höchste „Kunst“ des Mordens.
Gibt es den perfekten (vollendeten) Mord? Hierfür muss man zuerst definieren, was der perfekte Mord ist. Allein dies ist nicht ganz einfach.
Was ist der perfekte Mord?
Darüber philosophiert Guido Löhrer, Philosophie Professor an der Universität Bern, in einer Abhandlung wie folgt:
„Vollendet heißt“, so Aristoteles in Metaphysik „was der Tüchtigkeit nach und im Guten in seiner Gattung nicht übertroffen werden kann; (...) vollendet ist dasjenige, dem nach der ihm eigentümlichen Tüchtigkeit nichts fehlt…“ Wo aber finden wir, (...) einen vollendeten Mord, einen, dem es nach der Art der ihm eigentümlichen Tüchtigkeit an nichts mangelt, und was macht einen Mord zu einem vollkommenen? Ist er bereits ein vollendeter Mord, wenn er plangemäss zur Ausführung gekommen ist? Das hiesse: jeder gelungene Mord wäre als Mord auch schon ein unüberbietbarer Mord.
Löhrer nennt in seiner Abhandlung vier Bedingungen als Qualifikation des perfekten Mordes:
(1) Es gibt kein erkennbares Motiv. (2) Der Mord erfüllt seinen Zweck. (3) Der Täter bleibt juristisch unbelangt, denn es deutet (4) faktisch nichts darauf hin, dass es sich überhaupt um Mord handelt.
Nun wird’s komplex. Kann die Tat nicht als Mord nachgewiesen werden, dann wäre die Tat ja kein Mord mehr. Die Todesursache wäre dann eine Natürliche, oder Tod auf Grund Selbstmords. Die Sache ist also verzwickt. Ebenso wenn der Täter erwischt wird, ihm jedoch die Tat nicht zugewiesen werden kann. Perfekt wäre da nur das Alibi oder die Vertuschung der Tatbeteiligung, jedoch nicht der Mord an sich.
Ganz zu schweigen von all den juristischen Aspekten. Wann ist ein Mord ein Mord? Totschlag? Körperverletzung mit Todesfolge? Vorsätzliche Tötung. Dies wiederum ist ein eigenes Thema.
Gibt es den perfekten Mord?
Nimmt man nun für den gemeinen Leser an, der perfekte Mord wäre eine Tat bei dem der Täter nicht entdeckt wird, so fragt sich, ob dies überhaupt möglich ist? Der bekannte Kriminalbiologe Mark Benecke äussert sich in einem Interview mit der NZZ zum Thema wie folgt:
Ist der perfekte Mord also eine Illusion, eine Erfindung der Kriminalliteratur?
Spuren zu fälschen, ist beinahe unmöglich. Tötungsdelikte hinterlassen immer Spuren. Und wenn man eigene legen will, dann hat einen unverhofft doch jemand beobachtet, etwa wie man Fliegenmaden am Waldrand sammelt oder einem Auftragskiller ein Hotelzimmer reserviert. Selbst ich könnte keine Insektenspur so legen, dass man den Betrug nicht aufdecken würde. Was auch falsch eingeschätzt wird: Mit dem körpereigenen Hormon Insulin zu morden, sei nicht nachweisbar. Die Rechtsmediziner und Giftspezialisten können das aber ganz hervorragend. Die kann man nicht täuschen. Manchmal sehen wir eine beinahe perfekte Tat. Und dann wird klar: Je dümmer die Vorgehensweise, je näher ans Ziel gelangte der Täter. Das kommt dann höchstens durch Zufall raus, einen dummen Zufall.
DNA und Isotopenanalyse1) machen den perfekten Mord also fast unmöglich. Spinnt man den Faden weiter so folgt auf den kunstvollen Mord, die ebenso kunstvolle Aufklärung eines Falles.
Der perfekte Ermittler
Kaum eine andere Schriftstellerin hat hohe Kunst der eleganten Auflösung komplexester Fälle besser beherrscht als Agatha Christie. Ihr Hercule Poirot löste seine Fälle mit einer Brillanz und Kunstfertigkeit dessen sich der raffinierteste Mörder erwehren konnte.
In typischer japanischer Art löst der brillante Logiker und Physikprofessor Yukawa in Keigo Higashino „Heilige Mörderin“ einen scheinbar perfekten Mord. Er führt den Leser durch ein wahres Rätsel-Labyrinth bis zur Auflösung des Falles und der Überführung der Täterin.
In bester Erinnerung ist uns sicher auch Inspektor Columbo (Peter Falk). Der Inspektor welcher immer noch eine Frage hatte, löste so manchen kniffligen Fall. Im Fall „Wenn der Schein trügt“ überführt er den Magier und Illusionisten der "Grosse Santini" (Jack Cassidy). Dieser führ zur Tatzeit einen Zaubertrick vor zahlreichem Publikum durch. Als Columbo ihn am Ende anhand eines unscheinbaren Details überführt, sagt der Magier „und ich dachte ich hätte den perfekten Mord begangen“, darauf antwortet Columbo „den perfekten Mord? Oh, entschuldigen Sie. Aber sowas wie den perfekten Mord gibt es nicht, das ist bloss eine Illusion“.
Lesen Sie hierzu auch unsere Beiträge Ist Mord Kunst? und Mord im Künstlermilieu.
Hinweise und Links:
1) Das Verfahren nutzt, dass Wasser und Nahrungsmittel einen unauslöschlichen "geochemischen Fingerabdruck" aufgeprägt bekommen, in dem sich die natürlichen Verhältnisse der Herkunftsregion ausdrücken. Darin variiert der Anteil leichter und schwer Atomsorten ein und desselben Elements, die sogenannten Isotope. Da Menschen meist Stoffe aus ihrer Umgebung aufnehmen, spiegelt sich dieses Muster auch in ihrem Gewebe wider. Der Vergleich mit einem Isotopenatlas, der die Unterschiede für viele Regionen der Welt verzeichnet, gibt dann Aufschluss, wo sich das Opfer in den letzten Wochen und Monaten aufgehalten hat.
http://www.nzz.ch/der-perfekte-mord-ist-ungeplant-1.5829426
http://www.welt.de/wissenschaft/article1677178/Perfekte-Morde-gibt-es-praktisch-nicht.html