Mittelalter-Krimis
Welche Bilder verbinden wir mit Mittelalter, der Epoche, die wir grob von 500 bis 1500 ansiedeln? Ritter, Burgen, Drachen, Minnesang, Klöster, Hexenverfolgung, Pest, Bauernaufstand, rechtlicher Willkür? Vorstellungen vom "finsteren Mittelalter", als die Menschheit noch unaufgeklärt, geknechtet, unterentwickelt war?
Manches Phänomen, das wir dem Mittelalter zuordnen, ist schwerpunktmässig ein Phänomen der Neuzeit, wie der Hexenwahn. Und ist im 20. Jahrhundert bis in unsere Zeit nicht grausamer und systematischer gefoltert worden als im Mittelalter? Hat das "an den Pranger gestellt" werden nicht einfach nur neue Formen und Techniken angenommen? Manche Erfindung der Neuzeit wäre ohne vorhergehende Erfindungen des Mittelalters undenkbar, wie die Buchdruckkunst ohne die vorhergehende Erfindung von Siegel, Archiv und Katalogisierung. Universitäten und Bankhäuser entstanden im Mittelalter, Städte mit Stadtbevölkerung und Stadtkultur entstanden im Mittelalter – die Grossstädte Paris und Köln waren damals schon Grossstädte. Ganze Wirtschaftszonen, etwas die Hanse, entstanden im Mittelalter. Entdeckungs- und Handelsreisen fingen nicht erst mit dem spätmittelalterlichen Kolumbus an … Und nicht nur die Pest des Mittelalters hat halb Europa entvölkert, sondern auch der Dreissigjährige Krieg in der Neuzeit und erst recht der Zweite Weltkrieg incl. der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki.
Klischees sind wunderbar, wenn sie mit Vorsicht genossen werden, bieten sie doch für Film und Buch, damit auch Krimis, hervorragende Projektionsflächen – Spiegel in der Vergangenheit für uns – so wie Science Fiction Spiegel in der Zukunft für die Gegenwart sind.
Auch ein Mittelalter-Krimi lebt von der spannenden Geschichte. In zweiter Linie kann gefallen, ob das Werk authentische Züge des Mittelalters verwendet, oder mit Klischees so locker umgeht, dass sie ganz offenkundig und nicht ganz ernst zu nehmend eingesetzt sind. Beides kann gut funktionieren. Problematischer ist, wenn Klischees verwendet werden ohne sie zu kennzeichnen, am Ende noch mit der empörten Überheblichkeit unserer ach so besseren Gegenwart oder noch schlimmer mit den vagen Andeutungen von sensationellen Enthüllungen über Geheimwissen, das dunkle Mächte, meistens der Vatikan, über Jahrhunderte versteckt und unterdrückt hätten … Nun ja.
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Umberto Eco |
Der Name der Rose Eco setzt ganz gekonnt eine Whodunnit-Story vor die Kulisse eines mittelalterlichen Benediktinerklosters in Norditalien, vor die Kulisse des historischen Armutsstreits rund um die Betteldorden des Mittelalters, vor die Kulisse endzeitlicher Vorstellungen, wie sie nicht nur um das Jahr 1000 verbreitet waren und vor die Kulisse der Wiederentdeckung der griechischen Philosophie, besonders Aristoteles, durch die mittelalterliche Theologie, vermittelt durch die Hochblüte der Begegnung von Islam und Christentum in Andalusien und Nordafrika im 12. Jahrhundert. Historisch bezeugte Figuren wie Michael von Cesena oder Bernardo Gui treten auf wie auch der Held, der Franziskaner William von Baskerville, stark an der historischen Gestalt des Gelehrten William von Ockham angelehnt ist. |
Holger Karsten Schmidt |
Isenhart Ein Serienmörder im hohen Mittelalter. Der junge Schmied Isenhart, der ihm auf die Spur zu kommen versucht – und zugleich dem Geheimnis seiner eigenen Existenz. Ein umwerfend spannender Roman aus einer Zeit, in der der freie Geist mit Denkverboten rang – und die uns gar nicht so fern erscheint.Anno Domini 1171. Isenhart stirbt bei der Geburt. Und wird wieder zum Leben erweckt. Der wissbegierige Junge, der irgendwie anders ist, wächst auf der Burg Laurin bei Speyer auf und erhält Zugang zu einem ungeheuren Privileg: Bildung. Isenharts Welt bricht entzwei, als seine heimliche Liebschaft, die Fürstentochter Anna, ermordet – und ihr das Herz geraubt – wird. Nach einem weiteren Mord bei Worms macht Isenhart sich auf, den Serienmörder zur Strecke zu bringen. Die Jagd führt ihn – immer auf der Hut vor der katholischen Inquisition – von Rhein und Neckar über die Alpen bis ins ferne Iberien, in den Basar des Wissens von Toledo, wo freie Geister aus Morgen- und Abendland sich austauschen … |
Ellis Peters |
Bruder Cadfael - Serie Die Krimi-Reihe von Ellis Peters rund um den Detektiv und Mönch Bruder Cadfael: Der Benediktiner ist ein ehemaliger Kreuzfahrer, der sich im Jahre 1120 als Apotheker in das Kloster Shrewsbury an der englisch-walisischen Grenze zurückzieht und geistlichen und weltlichen Verbrechern auf die Schliche kommt. Krimi-Couch.de schreibt: „Ellis Peters war es ganz besonders wichtig begreiflich zu machen, dass zwischen den Menschen im Mittelalter und denen des 20. Jahrhunderts gar kein so großer Unterschied besteht.“ Sie geht also mit der mittelalterlichen Kulisse sehr spielerisch um und bekennt sich auch dazu. |
Frank Schätzing |
Tod und Teufel Köln im Jahr 1260: Jacop der Fuchs, ein liebenswerter Dieb und Herumtreiber, wird unfreiwillig Zeuge eines Mordes. Er sieht, wie eine düstere Gestalt den Kölner Dombaumeister vom Gerüst in den Tod stößt. Aber er selbst muss auch gesehen worden sein. Denn jeder, dem Jacop diese Geschichte erzählt, ist kurze Zeit später tot. Dem jungen Mann wird schnell klar, dass er nur eine Chance hat, seine Haut zu retten. Er muss den Täter entlarven, bevor auch er zu seinem Opfer wird ... |