RICARDO PIGLIA
"Ins Weisse zielen" 2010
Tony Duran, ein Mulatte aus Puerto Rico, aus ärmlichen Verhältnissen schafft den «Aufstieg». Als gutaussehender und schöner Mann schafft er es, als Tänzer in den USA bei älteren Damen sich Geld und Umgangsformen anzueignen.
So lernt er auch die Zwillingsschwerstern Sofia und Ada Belladonna kennen.
Diese zwei extravaganten jungen Frauen verführen ihn und nehmen ihn mit in ein Dorf in der Pampa, südlich von Buenos Aires. Dort merkt er er schnell, wie die Hierarchien verteilt sind.
Die Belladonnas stammen von einem italienischen «Obersten» ab. Dieser ist nach dem 1. Weltkrieg nach Argentinien auswandert, wo er dank seinem Ingenieurwissen für die Engländer Eisenbahnlinien baut. Es entsteht ein Bahnknotenpunkt draussen in der Pampa.
Die Belladonnas bauen dort eine Fabrik und fabrizieren Autos. Sie sind die eigentlichen Dorfkönige.
Zu dieser Zeit ist Argentinien ein korruptes, politisch instabiles Land. Die Militärdiktatur, das Regime von Perron, die stetigen Wechsel machen es einem Fabrikanten nicht einfach. Zusätzliche Familienzwistigkeiten und Erbansprüche lösen den Niedergang der Fabrik aus. Das Geld fehlt für den Weiterbestand des Betriebes. Der jetzige Besitzer, Luca Belladonna, ist verzweifelt.
Tony, der ehemalige Tänzer, geniesst seine Zeit im Dorf, er ist das Hauptgespräch. Seine Art wird geschätzt, niemand weiss, mit welcher der beiden Belladonnas er liiert ist, oder sogar mit beiden? Sein bester Freund, der japanische Nachtportier Yoshio, liebt ihn fast hündisch, man fragt sich, ob sie homosexuell sind.
Eines Tages wird Tony tot in seinem Hotelzimmer gefunden, erstochen. Das ganze Dorf scheint zu wissen, dass es ein Liebesdrama, ein Leidenschaftsmord unter Schwulen ist.
Vor allem für den aalglatten Staatsanwalt Cueto ist es klar, eine Tat aus Leidenschaft und Eifersucht. So wird der Japaner Yoshio verhaftet und eingesperrt.
Kommissar Croce, der eigenwillige Ermittler, hat ganz andere Vorstellung von der Tat.
Seine Ermittlungen zeigen, dass der kleine zartgliedrige Japaner kaum der Mörder gewesen sein kann.
Doch wer steckt hinter dem Mord? Sind es interessierte Kreise, welche auf dem Fabrikareal ein riesiges Einkaufszentrum bauen wollen? Oder hat der kleine Jockey, der ein teures Pferd kaufen will, mit dem Mord zu tun?
Musste Tony sterben, weil er Schwarzgeld aus den Staaten zur Rettung der Fabrik eingeschmuggelt hat? Viele Indizien sind nicht stimmig, vor allem für Kommissar Croce nicht.
Der Staatsanwalt weist Croce mit dubiosen Argumenten in die Irrenanstalt ein, da ihm dieser im Weg steht.
Der Journalist, Renzi, aus Buenos Aires, welcher schon länger über die kuriosen Machenschaften im Dorf schreibt, recherchiert und bekommt langsam Klarheit.
Es kommt zu einem aufsehenerregenden Prozess. Kommt die Wahrheit nun ans Licht?
Der gut geschriebene Roman gibt tiefe Einblicke in das Argentinien der 70er Jahre. Lesenwert.