Mark Allen Smith "Der Spezialist"
Mein Name ist Geiger. Ich spiele Violine. Und foltere Menschen.
Wahrlich ein interessanter Einstieg in einen Roman. Für den Krimiclub Anregung genug sich den Roman “Der Spezialist” von Mark Allen Smith genauer anzuschauen.
Geiger, und nur Geiger heisst die Hauptfigur im Roman “Der Spezialist” von Mark Allen Smith. Geiger ist Spezialist in besonderer Form. Sein Spezialgebiet ist nämlich das Foltern. Dies hat er zur höchsten Präzision ausgearbeitet und er garantiert sogar die Wahrheit aus jeder Person heraus zu filtern. Dabei hat er sich eine selbstauferlegte Moral zur Rechtfertigung seiner Taten zum Grundsatz gemacht. Keine Kinder, keine alten Leute (könnten ja vor Angst und Anstrengung sterben, und das liegt bei ihm auch nicht drin), er prüft die Opfer vorab selbst und ohne Verdacht den Richtigen zu haben kommt Geiger nicht in zum Zuge. Hierbei hilft ihm sein Partner Harry. Dieser, selbst Spezialist, jedoch in Computer Recherche, weiss nur wenig über den schweigsamen, asketischen Partner. Seine Aufgabe ist es die Opfer zu prüfen und für Verdächtig zu beurteilen. Geiger selbst bezeichnet sich als Information Beschaffer (Information Retrieval) Sein Stil ist dann nicht etwas pure Gewaltanwendung, sondern Feinheiten wie: Desorientierung, Beschallung, Druck an entscheidenden Stellen, eine Schmerzpunkttherapie in verkehrtem Sinne. Seine Opfer sollen „heil“ aus der Sache rauskommen, wichtig ist ihm nur die Wahrheit. Dies ganz im Gegensatz zu seinem Pendant Dalton, welcher keinerlei Rücksicht nimmt. Das Opfer wird zum Norell, also nicht damit rechnen kann lebend davon zukommen. Die beiden werden sich noch unter besonderen Umständen begegnen.
Geiger der Selfmade Folterer, ist an einem Lebenspunkt angelangt an dem er immer mehr droht auseinander zu driften. Er verliert sich Zusehens selbst. In seiner zunehmend auswegloseren Situation sucht er beim Psychiater Dr. Corley um Rat. Dieser hat es schwer mit Geiger, da er mit ihm nur über einen bestimmten Traum spricht, und nicht über seine Vergangenheit.
„Ich höre hinter mir das Donnern eines Einsturzes. Es klingt lebendig, wie von einem wütenden Tier….Ich bin auf einem Boot, der Motor springt nicht an. Ich versuche die Motorverkleidung mit einem Schraubenschlüssel öffnen. Die Schrauben drehen, aber der Schlüssel fasst nicht, und meine Finger fallen ab, dann meine Füsse und Beine. Schliesslich lockert sich mein Kopf..und dann wache ich auf“
Geiger bleibt aber unnahbar. Obwohl er hart zu sich selbst und gegenüber seinem Inneren verschlossen, so driften seine inneren tektonischen Platten unweigerlich auseinander.
Vollends aus dem Ruder gerät seine Psyche, als ihm anstelle eines vermeintlichen Kunstdiebs, dessen Sohn Ezra „angeliefert“ wird. Geigers, der den Auftrag ausnahmsweise kurzfristig angenommen hat, sollte Informationen über ein gestohlenes Bild dem Vater von Ezra entlocken. Bald wird ihm klar, dass da was ganz anderes dahinter stecken muss.
Nun steht Geiger also vor der Entscheidung seine Prinzipien zu wahren, oder den Kampf gegen seinen Auftraggeber auf zu nehmen. Ersteres ist für ihn für ihn unmöglich, zu sehr erinnert das Opfer an ihn selbst. Sein Entscheid hat natürlich weitreichende Konsequenzen. Diese tangieren auch seinen Helfer Harry. Die Idee, dass sich ein Computer Genie mit einem Spezialisten zusammen tut ist übrigens nicht neu. Bereits in Barry Eislers „Tokio Killer“ holt sich John Rain Hilfe bei einem PC – Freak. Zufälligerweise ist dessen Name ebenfalls Harry…
Nicht genug damit das Harry mit in die Sache hineingezogen wird, nein, auch seine geistig behinderte Schwester ist mit integriert. Nun haben wir gleich drei Vergangenheitsgeschädigte miteinander unterwegs. Ja sie erraten es, Harry hat auch seine Probleme mit seiner Kindheit.
Nun Dr. Corley freuts. So hat er endlich wieder was zu tun, denn die Scheidung von seiner geliebten Frau hat ihn sehr beschäftigt. Das illustere Quartett sucht nämlich bei ihm Zuflucht.
Spätestens von da an scheint es Mark Allen Smith eilig zu haben. Der Plot folgt nun reichlich ausgetretenen Thrillerpfaden. Da ist alles dabei von der Verschwörungstheorie über Enthüllungsjournalismus, mächtige Gegner die aber dumme Fehler machen, bis hin zum finalen wortwörtlichen Feuerwerk mit Untergang des Helden und dessen Vielleicht – Auferstehung, man möchte sich ja die Fortsetzung nicht versauen. Sorgfältig aufgebaute Handlungsstränge werden da dem Effekt der Aktion geopfert. Smith, das merkt man nun, ist bekannt für Drehbücher. So scheint es als wolle er sein Buch abschliessen wie einen ¾ stündigen Fersehkrimi. Dies ist äusserst bedauernswert. Besitzt das Buch doch zahlreiche Ansätze, über die es sich lohnte nach zu denken.
Zum einen wäre da die Auseinandersetzung mit dem Thema Folter. Bewusst stellt Smith Geiger als Intellektuellen und mit moralischen Grenzen versehenen Experten dar. Hier kaschiert der Autor geschickt Geigers eigentliche Tätigkeit. Und die ist nun mal Folter. Mark Allen Smith Verharmlosung vorzuwerfen wäre jedoch falsch. Es stellt sich aber schon die Frage, ob diese Art Folter legitimer ist, als rohe Gewalt. Ob diese gerecht, ja als Mittel zum Zweck gar gerechtfertigt ist, wird nicht weiter vertieft.
Interessante Aspekte im Umgang mit Schmerz, werden leider ebenfalls nicht weiter erklärt. Hier bleibt der Roman oberflächlich.
Zu denken gibt auch die „Erklärung“, was Geiger, und wie man ansatzweise erfahren kann, auch Dalton, dazu bewegt zu foltern. Beide führen dies auf ihre Väter zurück. Ich quäle weil ich gequält wurde? Das ist eher eine pseudowissenschaftliche Erklärung, als das es den wahren Beweggründen nahe kommt.
Fazit, Mark Allen Smith ist mit „Der Spezialist“ ein solider Thriller gelungen, der durchaus seine Qualitäten hat. Er verpasst es aber in die Tiefe zu gehen, und Figuren und Story zu festigen. Wir sind gespannt was er zukünftig mit der Figur Geiger machen wird, denn eine Fortsetzung folgt bestimmt.
Unsere Bewertung:
Rezension Remo